Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Pütsch,
sehr geehrte Herren Beigeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,

Vorwort
Das Einzige, das zur Haushaltsverabschiedung sicher ist, ist, dass nichts sicher ist!
Das gilt für sämtliche Haushaltsansätze, für die Einnahmen und die Ausgaben. Ich erspare mir daher jegliche Zahlenakrobatik. Wichtig ist, dass wir am Ende des Tages einen verabschiedeten Haushalt haben, damit die Verwaltung ordentlich weiterarbeiten kann.

Digitalisierung
Das Thema Digitalisierung ist derzeit in aller Munde. Fast jeder Bereich ist tangiert. Vom Ausbau des Glasfasernetzes bis zu den Nutzern in Verwaltung, Schulen, KiTas und öffentlichen Netzen gibt es riesigen Planungs- und Abstimmungsbedarf, der nicht so nebenbei geleistet werden kann. Die Auftaktveranstaltung zur Erstellung der Digitalisierungsstrategie hat Grundlagen erarbeitet. Wir glauben, dass für eine zügiges und koordiniertes Vorgehen in Rastatt die Schaffung einer eigenen Stabsstelle für Digitalisierung angezeigt wäre.
Zusätzliche Personalstellen werden erforderlich sein, im Bürgerservice, für Bildung und Betreuung in KiTas und Schulen. Ob Digitalisierung in manchen Bereichen Stellen einsparen kann? Hier sollte ein neues Organisationsgutachten Klarheit schaffen. Nur mit Fakten können dem Steuerzahler gegenüber Stellenmehrungen gerechtfertigt werden.

Klima- und Umwelt
Ehrgeizige Ziele im Klima- und Umweltschutz sind ohne verstärkten Personal- und Kapitaleinsatz nicht erreichbar. Wir wollen das Mobilitätskonzept nicht nur planerisch weiterentwickeln, wir müssen es auch umsetzen. Eine fahrradfreundlichere Innenstadt ist mit einer neuen Hochglanzbroschüre nicht zu schaffen. Wir sind bereit, solche Maßnahmen zu finanzieren, ebenso individuellere ÖPNV Angebote. Wir wollen eine Forcierung der Baum-Pflanzaktion „1000 Bäume…“. Ein Auge sollte auch einmal daraufgelegt werden, den städtischen Streuobstbestand im Außenbereich wieder zu pflegen! Wir brauchen endlich eine Baumsatzung! Künftig sollten grundsätzlich neue Bebauungspläne und größere Bauvorhaben auf ihre Klimarelevanz hin überprüft werden – vor ihrer Genehmigung.
Um dem Ziel der Klimaneutralität in Rastatt einen Schritt näher zu kommen, schlagen wir ein Gemeinschaftsprojekt vor, ich nenne es mal „Tausend und ein Dach“.
In Zusammenarbeit mit den Stadtwerken, ggf. auch mit Energiegenossenschaften, können Anreize gegeben werden, um möglichst schnell auf möglichst vielen Dächern in Rastatt Solarpaneele neu zu installieren. Damit könnte der CO2-Ausstoß vor Ort schnell und spürbar reduziert werden (0,4 kg/kwh CO2-Einsparung), (10 kwh p.d. sind ca. 3.000 kwh p.a., x 0,4kg = 1.200 kg CO2 Einsp./HH).

Stadt- und Dorfentwicklung
Mit der Landesgartenschau 2036 haben wir ein Ziel, an dem sich größere Infrastrukturmaßnahmen ausrichten. Als Stadt zwischen Rhein und Murg ist es für und überlebenswichtig, die Hochwassergefährdung zu minimieren. Die Murgdammerhöhung im Bereich Innenstadt muss angepackt werden, Unsere Riedgemeinden erwarten mehr Sicherheit durch die weitere Ertüchtigung des Rheindammes.
Neu auf der Agenda steht der Neubau der Kernstadt-Feuerwehr im Brufert, den unsere Fraktion voll unterstützt. Wir erwarten jedoch, dass damit die laufenden Projekte in den Ortsteilen nicht verzögert werden.
Unser Bestreben, das neue Zentralklinikum im Süden Rastatts anzusiedeln, entspringt der Verantwortung, die ein Mittelzentrum für die Region übernehmen muss. Dieses Projekt würde den Menschen der Raumschaft eine gut erreichbare optimale medizinische Versorgung garantieren. Mit dem Bau der Querspange im Münchfeld würde dann endlich die verkehrliche Entlastung des Wohngebietes erreicht.

Das Wachstum unserer Stadt zeigt: Es zieht Menschen hierher, wegen der Arbeitsplätze und der Lebensqualität. Unbestreitbar herrscht ein Mangel an günstigen Wohnungen. Wir wollen, dass die Stadt im Bündnis für Wohnen eine aktive Rolle übernimmt. Die Sicherung einer städtischen Quote günstiger Wohnungen bei Wohnbauprojekten muss zur Regel werden. Nachverdichtung soll Vorrang haben vor neuen Baugebieten.

Innenstadt/Stadtmarketing
Sicherheit und Sauberkeit sind wichtige Voraussetzungen für gute Geschäfte und für mehr Touristen. Polizei, Ordnungsdienst, Stadtreinigung, City-Manager und Bürgerschaft: Alle müssen ihren Teil beitragen. Wir FW wollen die Technischen Betriebe mehr in die Wochenendreinigung und Baumpflegearbeiten einbeziehen. Fremdvergabe nur noch, wenn komplexe Arbeiten nicht selbst erledigt werden können.

Wir alle sehnen uns nach einer lebendigen Innenstadt – möglichst ohne Corona. Das Stadtmarketing sollte alles tun, um den Geschäftsinhabern, den Wirten und anderen Akteuren ihre Arbeit zu erleichtern. Möglichst wenig bürokratische Hemmnisse! Ziel muss sein, den Betrieb zu ermöglichen und nicht die Leerstände als Pop-up-Store zu nutzen! Hierzu gehört eine gewisse Willkommenskultur. Muss es gleich eine kostenpflichtige Verwarnung vom Ordnungsdienst für einen Autofahrer geben, der mit dem PKW drei Minuten vor einem Laden in der Lieferzone steht? Gleichzeitig aber rast ein Radler nur wenige Meter entfernt unbehelligt im Slalom vom Museumstor hinunter zur Kaiserstraße.

Bildung, Betreuung und Kultur
Stolz waren und sind wir auf das, was es in unserer Stadt an kulturellem Leben gibt. Oder müsste ich sagen „gab“? Vielleicht bedarf es unkonventioneller Anstrengungen in der Vereinsförderung. Bei vielen Vereinen geht es ums Überleben. Traurig sind wir über die Absage des Tête-à-Tête. Dass eine solche Veranstaltung, wie der Name schon sagt, nicht zum Distanzgebot passen kann, ist allen klar. Um so mehr geht es darum, kreativ Angebote zu entwickeln und fördern, die auch unter Beachtung der AHA-Regel stattfinden können.

Mit hohem Aufwand investieren wir in Personal und Beton bei KiTas und Schulen. Als Folge des fehlenden Präsenzunterrichts sehen nicht nur wir große Lerndefizite, vorsichtig geschätzt bei mindestens einem Viertel der Schüler. Dringend erforderlich sind Stütz- und Förderprogramme, die vor Ort angeboten werden, in Ferienzeiten oder unterrichtsbegleitend. In Zusammenarbeit mit Schulen und freien Trägern könnten schnell Hilfsangebote organisiert werden. Warten auf Stuttgart hilft Niemandem, auch dort gibt es leider keine Lehrer!

Zukunft der Bäder
Im Mai wird die Verwaltung das Bäder-Gutachten zu Diskussion stellen. Für die FW-Fraktion kann ich schon heute sagen: Wenn das Ergebnis des Gutachtens es zulässt, wollen wir eine Ertüchtigung der beiden Bestandsbäder für die nächsten zehn Jahre erreichen. Ein Kombibad für 50 Mio. Euro plus… passt nicht in die Zeit. Auch wollen wir das Hallenbad in den Sommermonaten geöffnet halten – außer während der üblichen Revision.

Steuererhöhungen
Ganz zum Schluss möchte ich – wie es sich in einer Haushaltsrede gehört – doch noch einmal über Geld reden, diesmal über die Einnahmeseite. Die Überwindung der Pandemiefolgen kostet auf allen Ebenen sehr viel Geld. Dieser Einsatz ist jedoch alternativlos, auch wenn hierfür die Verschuldung steigt. Mit uns FW wird es derzeit keine Erhöhung der Gewerbesteuer und/oder der Hundesteuer geben. Die Einführung der Wettbürosteuer sollte juristisch geprüft werden.

Viele Themen konnte ich nur anreißen. In den kommenden Monaten wird es Gelegenheit geben, Details zu diskutieren und Mehrheiten für neue Beschlüsse zu gewinnen.

Die Fraktion der Freien Wähler wird dem Haushaltsplan 2021 sowie den im Beschlussvorschlag genannten Anlagen zustimmen.

Ich Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herbert Köllner
Vorsitzender FW-Fraktion